Ich war unglaublich aufgeregt, als ich mit meinen Eltern am Münchner Flughafen wartete. Es war das erste Mal für mich, dass ich alleine eine so große Reise machte und ich hatte Angst, dass irgendetwas schief laufen würde und ich mich ganz allein irgendwo auf dieser großen weiten Welt wieder finden würde. Als ich aber im Flugzeug neben zwei netten deutschen jungen Männern saß, verflog die Angst. Der Flug verging recht schnell und nachdem ich vom Flughafen aus mit dem Skytrain einige Stationen gefahren war, machte ich meine erste unvergessliche Erfahrung in Vancouver. Ich sah mich an der Skytrain Station um, wo ich als nächstes hin musste, und schon fragte mich die Security, ob sie helfen könne. Ich teilte dem netten Mann die Adresse meiner Gastdame mit und er nahm sogleich meinen Koffer und begleitete mich bis zur Bushaltestelle. Ich war völlig verblüfft. Mein nächstes Erlebnis im Bus überzeugte mich, dass ich mich hier wohlfühlen werde und dass es hier immer jemanden gibt, der mir helfen würde: Als ich den Busfahrer fragte, wo ich aussteigen müsse, erklärte er mir freundlich, wie ich zu meinem Ziel gelange. Ein Mann mit ausgeflippter Frisur bekam das mit. Er meinte, er müsse sowieso in die Richtung und könne mich hinbringen. Erst war mir das etwas suspekt, aber er war unterhaltsam und brachte mich sicher an mein Ziel. Gott, war ich nervös, während ich vor dem hübschen Mehrfamilienhaus versuchte herauszufinden, wie ich den Türcode richtig eingeben muss. Mit wem würde ich meine nächsten drei Wochen zusammen leben? Ist meine Gastdame so nett, wie sie sich in den Emails ausdrückte? Vielleicht ist sie ganz anders als ich sie mir vorstelle. Einer der Hausbewohner kam heraus und ich konnte ohne den Türcode hinein. Letztendlich stand ich vor Annes Wohnungstür. Eine Frau, die völlig anders aussah, als ich mir vorstellte, öffnete mir die Tür. Doch schon am ersten Abend zeigte sie sich als eine sehr fürsorgliche Gastdame. Als ich mit ihr an einem Tisch saß und Nacchos knabberte, quatschten wir ein bisschen und sie erklärte mir den Verlauf der nächsten Tage und Wochen. Plötzlich war ich todmüde und wollte nur noch ins Bett. Der Jetlag hat mich eingeholt. Am nächsten Tag traf sich Anne mit einem Freund, sodass ich genug Zeit hatte, mich in Ruhe in meinem gemütlichen Zimmer einzurichten. Es war Sonntag, ein Tag vor Schulbeginn. Um ca. 13 Uhr kam meine Gastdame zurück. Sie kaufte mit mir Bus Tickets für die nächsten Wochen und zeigte mir den Weg zur Schule, der nur 15 min dauerte. Schließlich setzten wir uns in das Café vor der Art Gallery und warteten dort auf Annes Freundin. Sie arbeitet bei der Regierung und kennt sich hervorragend in Vancouver aus. Also bekam ich eine kleine Stadtführung. Sofort verliebte ich mich in Vancouver und die Menschen dort. Es ist unglaublich sauber dort und es gibt viele schöne Stadtteile. Die Menschen sind umwelt- und gesundheitsbewusst. In drei Wochen sah ich nur einen einzigen, der rauchte. Trotz den vielen Fastfoodketten ernähren sich alle sehr gesund. Auch Anne kochte jeden Abend abwechslungsreich und mit viel Gemüse. Es schmeckte immer gut und wir hatten interessante Gespräche. Glücklicherweise war sie sehr geduldig, wenn ich Schwierigkeiten hatte, mich auf Englisch auszudrücken. Mein erster Schultag am Montag war super. Schon als ich auf den Aufzug wartete, machte ich erste Bekanntschaften. Ein sympathischer Mexikaner stellte sich als Eduardo vor und mit der Schweizerin Ilona verbrachte ich schließlich auch den Rest des Tages. Die jungen Lehrer und Mitarbeiter der Schule waren freundlich und offen, aber hielten sich an die Regeln: English only und immer in time! Während Ilona und ich nach dem schriftlichen Einstufungstest auf den mündlichen warteten, lernten wir Blanca kennen, eine schüchterne Spanierin. Und schon hatte sich unsere kleine Clique für die nächsten drei Wochen gebildet. Nach der Schule erkundeten Eduardo, Blanca, Ilona und ich täglich die Stadt. In der ersten Woche hatte ich das Vergnügen mit dem überaus witzigen Lehrer Sam. Die letzten beiden Wochen, nachdem ich durch den wöchentlichen Test ein Level aufgestiegen bin, hatte ich eine sehr gewissenhafte Lehrerin. Beide Unterrichtsmethoden waren sehr lehrreich und die anderen Schüler trugen einiges zum Spaßfaktor bei. Wir waren immer zwischen 9 und 15 Schüler in einer Klasse und wechselten zwischen Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit. Der Unterricht war auf Lesen, Sprechen, Hören und Schreiben ausgerichtet und die Themen dafür waren aktuell und interessant. Da ging es mal um Hochzeit, mal um alles rund ums Essen und die nächsten Tage sprach man über Personen: Aussehen, Charakter, Berühmtheiten... Von Grammatik, über Vokabular, bis zu Sprichwörtern war alles dabei. Als wir Mädels und Eduardo uns jeden Nachmittag zu verschiedensten Unternehmungen verabredeten, konnten wir davon gleich Gebrauch machen. Da wir uns untereinander sowieso nur auf Englisch verständigen konnten und häufig Leute um Hilfe bitten mussten, um unsere gewünschte Planung durchzuführen, wurde uns die Sprache schnell geläufig. An einem Nachmittag gingen wir ins Aquarium im Stanley Park und sahen uns eine Belugawal-Show an und am nächsten vergnügten wir uns auf einer Jazz Show im wunderschönen Stadtteil Gastown. Es gab so viel zu sehen, meiner Meinung nach reichen 3 Wochen lange nicht, um diese schöne Stadt voll und ganz auszukosten! Granville Island, Canada Place, Chinatown, Harbour Tower, Pacific Centre, die Art Gallery, all die schönen Strände... nachmittags wurde uns nie langweilig - und abends erst recht nicht. Da gab es viele verschiedene Pubs und Clubs. Für die Clubs bekamen wir tagsüber auf der Straße sogar immer Freikarten geschenkt. Weil die Kanadier sehr offen sind, war es nicht schwer Kontakte zu schließen. Schon in der ersten Woche lernte ich sehr nette Menschen kennen, mit denen ich mich ab und zu verabredete und super quatschen konnte. Ich merkte von Tag zu Tag wie sich mein Englisch verbesserte und ich immer weniger Schwierigkeiten hatte, meine Gedanken mitzuteilen. In den ersten paar Tagen meiner Sprachreise hatte ich Befürchtungen, ich würde mich einsam fühlen und meine Freunde zu Hause zu sehr vermissen. Das stellte sich als eindeutige Fehleinschätzung heraus: Ich hab mich richtig schnell eingelebt und all die netten Menschen um mich herum ins Herz geschlossen. Die vielen verschiedenen Mentalitäten der unterschiedlichen Länder haben mich beeindruckt; die selbstsicheren Schweizer, die zuvorkommenden Mexikaner, die höflichen Koreaner und natürlich die offenen Kanadier. Jeden Nachmittag nach dem Unterricht verbrachte ich eine halbe Stunde an den von der Schule zur Verfügung gestellten Computern, um meinen Freunden in München von meinen tollen Erlebnissen zu erzählen. In der Tat taten sie mir eher Leid, dass sie das alles nicht mit mir erleben konnten. Auch von unseren kleinen Trips nach Seattle und Victoria erzählte ich selbstverständlich. Es gab eine Organisation, die eng mit der Schule zusammenarbeitet und ein- und mehrtägige Busreisen anbietet. Ilona, Blanca und ich entschieden uns einen Tag im Outlet-Shopping in Seattle zu verbringen. Mit leeren Geldbeuteln und Taschen voller Klamotten und Souvenirs kamen wir wieder zurück nach Vancouver. Wir hätten auch die Möglichkeit gehabt eine Sightseeingtour in Seattle zu machen. Da es aber im Outlet-Shopping Markenware zu äußerst günstigen Preisen zu ergattern gab, entschieden wir uns dafür. Nachdem Blanca schon wieder abgereist war, besuchte ich mit Ilona an meinen letzten Tagen meines Aufenthalts das wunderschöne Victoria auf Vancouver Island. Wir besichtigten die Stadt und das Schloss und gingen in das bekannte Museum, das verblüffend realitätsnahe Nachbildungen von den Ureinwohnern, dem früheren Leben und den Tieren auf Vancouver Island zeigt. Die Schule selbst bietet täglich auch kleine Unternehmungen für den Nachmittag oder Abend an, wie Billiardspielen, Irish Pub Abende oder Kinobesuche, für die man sich nach Belieben eintragen kann. Jedenfalls steht immer etwas zur Verfügung, womit man seine Zeit verbringen kann, ob nun von einer Organisation angeboten, oder selbst geplant. Ich habe Vancouver von allen Seiten als eine wunderschöne Stadt erlebt und dort wunderbare Menschen kennengelernt, mit denen ich immer noch regelmäßig in Kontakt stehe. Da mir diese drei Wochen definitiv nicht ausgereicht haben, weil es so viel mehr zu entdecken gibt und ich gerne um einiges mehr Zeit mit den Leuten in Vancouver verbringen möchte, werde ich im kommenden Jahr zurück gehen und meinen Horizont wieder ein bisschen erweitern. Viel Spaß beim Welterkunden und sich dabei selbst ein wenig besser Kennenlernen wünscht euch eure Swetlana!