Ich wollte schon immer einmal weit weg, habe es aber bis zum letzten Jahr nur einmal nach Nordspanien und einmal nach London geschafft. Australien oder auch vor langer Zeit die USA wollt ich bereisen, doch schliesslich fiel die Wahl auf Kanada. Hauptgrund der Reise war die Verbesserung meiner Englischkenntnisse, da ich diese Sprache für meinen Job benötige. Da mir die Gefahr zu groß war, dass in England, Schottland, Irland oder Malta zu viele deutsche Sprachschüler sein würden und ich weder die USA, noch auf Grund der großen Entfernung Australien oder auf Grund der Sicherheitslage Südafrika favorisierte, entschied ich mich für Kanada. Und in Kanada sollte es der Punkt sein,der am weitesten von Deutschland entfernt liegt - Vancouver. Diese Entscheidung fiel frühzeitig Mitte April, woraufhin ich Flug und Sprachschule buchte. Für Formalitäten die vor der Reise zu erledigen sind wie Reisepass beantragen und abholen, Auslandskrankenversicherung abschließen und ein paar kanadische Dollar tauschen, war noch genug Zeit. Ich empfehle auch "Plastikgeld" in Form einer Kreditkarte mitzunehmen, da dies in Kanada sehr verbreitet ist (es können selbst Rechnungen über 2 Dollar mit Kreditkarte bezahlt werden, ebenfalls akzeptieren alle Restaurants außer ein Hot-Dog-Stand Plastikgeld). Geld kann auch mittels einer ec-Karte bei jeder zweiten Bank in Vancouver abgehoben werden. Für jede Menge weiterer kleiner allgemeiner Reisetipps möchte ich den Lonely Planet Reiseführer Vancouver empfehlen. Im Reiseführer findet ihr Busskarten, Anleitungen zum Bedienen der Busse (man muss an einer Leine ziehen - echt ulkig) und vieles mehr. Der Reiseführer ist nur in Englisch erhältlich. Am 26. Juli war es endlich soweit. Früh am morgen startete ich von Düsseldorf per Direktflug nach Vancouver. Der Flug dauerte neun Stunden. Ich hatte ein Fensterplatz reserviert, und dieser hat sich gelohnt. Nachdem wir den deutschen Luftraum verlassen hatten, öffnete sich die Wolkendecke und der Blick war frei. Zunächst überquerten wir den Kanal, dann Teile von Großbritannien, anschließend folgte Grönland (die riesigen Berge und Gletscherzungen sind sehr beeindruckend!), RIESEN Packeisschollen und die Hudson Bay, bis endlich kanadisches Festland folgte. Seen und viel Grün waren zu erkennen, so weit das Auge reichte. Für Europäer ein überwältigender Anblick, da keinerlei Spuren von Menschen zu erkennen sind. Lediglich kurz vor den Rocky Mountains waren Felder, eine Pipeline und einige kleinere Siedlungen zu erkennen. Das I-Tüpfelchen des Fluges waren natürlich die Rocky Mountains! Die Bergkoppen waren mit Schnee bedeckt, die Gletscherzungen riesig. Und dann endlich erreichten wir "das andere große Wasser". Und da die Flugzeuge auf den Vancouver International Airport von der Seeseite her landen, genießt man vor der Landung einen wunderschönen Rundflug über Greater Vancouver und Downtown. Ich muss sagen, dass die neun Stunden wie im Flug vergingen. In Deutschland starteten wir gegen 10:00Uhr, gegen 11:00Uhr landeten wir in Vancouver - 9h Zeitverschiebung sei dank. Die Zollabfertigung nahm einige Zeit in Anspruch und meine Halberstädter Würstchen, die ich als Präsent einführen wollte, überstanden den Zoll nicht (es darf kein Schweinefleisch eingeführt werden). Das Wetter war etwas kühler als in Deutschland, die Temperaturen lagen "nur" um die 25 Grad und schwankten während meines einmonatigen Aufenthalts um 5 Grad. Geregnet hat es während der ganzen Zeit nicht, nur an einem Tag nieselte es leicht. Nachdem ich einen Freund besuchte, zog ich bei meiner ersten Gastfamilie ein. Dort war ich nicht alleine, eine junge Frau aus Venezuela lebte ebenfalls dort. Auf Grund von Schwierigkeiten, wechselten wir beide nach 3 Wochen die Familie, wobei die Sprachschule vor Ort sehr engagiert war und der Wechsel schnell und reibungslos erfolgte. Bei der zweiten Gastfamilie waren außer uns noch eine italienisch sprechende Schweizerin, ein Brasilianer und eine Kolumbianerin. Die Sprachschule vor Ort (LSC) achtet darauf, dass pro Haushalt keine Sprache doppelt auftritt, damit der Lerneffekt maximal ist. In unserem Fall war es eine Ausnahme, da von Seiten der Schüler ausdrücklich darum gebeten wurde (in Venezuela und Kolumbien wird Spanisch gesprochen - bei der Gastfamilie wurde aber grundsätzlich Englisch verwendet). Mit meiner zweiten Gastfamilie stehe ich nach einem Jahr immer noch in Kontakt, genauso wie mit einer "Gastmutter", bei der die Schwester der Venezuelanerin wohnte und mit den beiden Venezuelanerinnen selber. Mit den beiden Mädels aus Venezuela erlebte ich sehr viel; während der Zeit in Vancouver wurden wir Freunde. Zum Leistungsumfang gehört die Übernachtung bei einer Gastfamilie mit Halbpension. Morgens gibt es Frühstück, das entweder aus Kornflaks oder Toastbrot besteht. Bei meiner zweiten Gastfamilie konnte ich mir auch Brot und Obst für die Pause in der Schule mitnehmen. Abends wurde dann gemeinschaftlich warm gegessen. Das Essen war sehr lecker und vielseitig, Wünsche wurden bei Frühstück und Abendessen berücksichtigt. Während des Abendessens wurde sich immer viel unterhalten, damit man mit dem Englisch nicht aus der Übung kommt. Bei Fragen stand die Gastfamilie immer zur Verfügung. Daheim gab es auch die Möglichkeit Wäsche zu waschen. Abends standen den Studenten ein recht großzügiger Raum mit TV und einem riesen Sofa zur Verfügung. Des weiteren gab es einen Computer mit Internetzugang, der jederzeit genutzt werden konnte. In der Sprachschule, die in Downtown gelegen ist, wird zunächst ein Einstufungstest gemacht. Insgesamt gibt es 10 Level, wobei ein Wechsel der Stufen mit Zustimmung des Lehrers bzw. nach einem Monat nach Bestehen der wöchentlichen Tests möglich ist. Alle Schüler sind mindestens 18 Jahre alt und die Klassen sind nicht größer als 14 Schüler. Lernmaterialien sind inklusive genauso wie die Benutzung des Internets, wobei die Rechner während der Stoßzeiten hoffnungslos überfüllt sind.
In der Schule befinden sich ebenfalls Telefonapparate, die während der Stoßzeiten ebenfalls überfüllt sind. Der Unterricht ist locker, aber zielorientiert; Spiele lockern das Klima auf. Auf Grund der günstigen Lage der Schule ist die Versorgung zum Mittag gesichert, wobei den Schülern auch eine Mikrowelle und einige Tische und Stühle zur Verfügung stehen. In der Schule erhält man einen Studentenausweis, den ich aber nie benutzt habe. Nachdem ich bereits einige Tage Vancouver allein besichtigte, fand ich in der Schule viele Leute, die genauso wie ich die Stadt erkunden wollten. Stellenweise tat ich das mit den Mitschülern in Ausflügen, die von der Schule organisiert wurden, stellenweise organisierten wir die Ausflüge gemeinsam selber. Innerhalb der Woche können das Aquarium, der Dr Sun Yat-Sen Classical Chinese Garden & Park, der Harbour Tower, der Botanischen Garten, das Museum für Anthropologie, die UBC und SFU (die beiden Universitäten mit einen herrlichen Campus), Granville Island, Metrotown, die B.C. Hall of Fame, der Queen Elizabeth Park und der Seawalk um den Stanley Park besichtigt werden. Weiterhin besuchten wie ein Baseballspiel und ein Footballspiel, den "red-Bull-Flugtag" (heißt in Englisch genauso), den Kates Park, Grouse Mountain, den Richmond Nightmarket sowie einen Nachtclub (Eintritt ab 21, wobei zwei IDs benötigt werden); wir erkundeten den Lynn Canon und paddelten im Deep Cove. Am Wochenende war Zeit für größere Ausflüge wie Whale Watching, ein Trip nach Victoria und Squamish, wandern zum Mt. Seymore, picknicken im Lighthouse Park, oder schauten uns begeistert die "Celebrations of Lights" (ein Feuerwerkswettbewerb) an und besuchten den Zoo. Am Abend war immer Zeit an den Strand zu gehen und zu schwimmen. Wer ganz ausführlich wissen möchte, was man in nur 4,5 Wochen alles erleben kann, kann unter www.PetraOnTour.de ausführliche Information finden. Während meines Aufenthalts habe ich es nicht geschafft in die Rocky Mountains zu fahren oder Seattle zu besuchen, trotzdem besuchte ich JEDEN Tag einen anderen Ort! Shoppen kann man als Europäer in Kanada sehr gut. Dank des starken Euros sind die Produkte sehr günstig, angefangen von der Levis bis hin zu elektronischen Geräten; nur Fahrräder sind teurer als in Deutschland. Wer Outdoor-Sachen sucht, findet am Broodway alles was das Herz begehrt zu unschlagbaren Preisen. Sehr gut und ausführlich Shoppen kann man in Metrotown, einer riesigen Einkaufspassage in Burnaby, die schnell mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen ist. In Kanada gibt es neben den "staatlichen" Steuern lokale Steuern, die jeder Bundesstaat individuell erhebt. Beim Einkauf solltet ihr darauf achten, ob die Preise mit oder ohne lokalen Steuern angegeben werden. Gerade beim Essen werden diese gerne weggelassen. Der Urlaub wird aber nicht nur wegen den vielen Ausflügen und dem guten Wetter in ewiger Erinnerung bleiben, sondern auch wegen den netten und höflichen Leuten, die ein immer mit einem "How are you?" begrüßten, sowie der Hilfsbereitschaft und Ausgelassenheit aller. Die Stadt ist absolut sicher, ich habe keine Ecke erlebt, an der ich mich unsicher oder ganz und gar in Gefahr gefühlt habe. Der öffentliche Nahverkehr ist sehr gut ausgebaut (Busse, Fähre - Seabus genannt und eine Hochbahn - Skytrain genannt); ebenfalls absolut sicher und von allen benutzt. Genauso können Reisebusse und Fähren rund um Vancouver unbedenklich genutzt werden. Und daß Vancouver keine "typische nordamerikanische Großstadt" ist, sieht man auch an dem leckeren und vielseitigen Essen. Von original chinesischen Essen (für 4,50 Dollar eine Portion, die für 2 Tage reicht inklusive Tee, Vorsuppe und Wasser als Getränk), über Sushis (für 7 Dollar mehr als man essen kann und SUPER lecker) bis hin zu riesigen Salattheken (solche habe ich selbst in Deutschland noch nicht gesehen) und frischem Fisch (mit Vorliebe Lachs). Weiterhin bietet Vancouver wirklich jede Gelegenheit zur sportlichen Betätigung; angefangen vom Skaten um den Stanley Park oder Joggen entlang der zahlreichen Strände, zum Paddeln im Deep Cove und Schwimmen im Pazifik, zum Wandern in den angrenzen Bergen, Surfen vor Vancouver Island und Fahrrad fahren. Es gibt einen Mountainbiker-Trail, den man nur glaubt, wenn man ihn gesehen hat. An den großen Straßen sind Fahrradwege sowie an absolut jeder Straße Fußgängerwege vorhanden. Ein kleiner Tipp ist in Vancouver grundsätzlich mit offenen Augen durch die Straßen zu gehen. Die Stadt ist als "Nordhollywood" bekannt. Sehr viele Filme und Serien wurden und werden hier produziert. Die bekanntesten Serien sind wohl Akte X, MacGyver, Stargate und Smallville. Filme sind unter anderen Free Willy3, Time Cop, Jumanij, I spy, Romeo must die, Scary Movie, X-Men 3 und viele mehr. Während meines Aufenthaltes ist für mich als Akte X- Fan ein Traum in Erfüllung gegangen, als ich zufällig beim Dreh des Films "Things we lost in the fire" zusehen konnte, wobei am Set David "Fox Mulder" Duchovny anwesend war. Ich stand auf der anderen Straßenseite und habe, ich weiß nicht wie lange, angeschaut, wie dieser Film oder zumindest diese Szene des Films entstand. Mein eigentliches Ziel, mein Englisch zu verbessern, habe ich erreicht. Der Unterricht in der Schule war sehr gut und während der ganzen Zeit habe ich nur dann deutsch gesprochen, wenn ich mit Deutschland telefoniert habe. In Vancouver sind sehr viele Schweizer Sprachschüler, wobei ich nur mit den Schweizern etwas unternommen habe, die genauso wie ich ausschließlich Englisch gesprochen haben - und das waren einige! Aber ich habe in dieser Zeit sehr viel mehr gelernt und erlebt als nur Englisch. Kleine Souvenir wie die "Anti-Bären-Glocke", über 1000 Fotos und zahlreiche T-Shirt erinnern mich immer an diese herrliche unvergessliche Zeit. Um es kurz zu sagen:
"I love Vancouver!"
- Stefan Gocht
- ·
Stefan Gocht
Bereits mit meinem ersten Besuch in den USA, zwei Jahre zuvor, verliebte ich mich in den nordamerikanischen Kontinent.…