„Na, ganz allein unterwegs?“ fragt mich die Frau neben der ich im Flugzeug Platz genommen habe. Ja! – denke ich, zugleich ein bisschen stolz aber auch nervös - Ich bin allein unterwegs und zwar das erste mal so richtig, also mit Flugzeug und allem drum und dran. Cool und durch wenig zu beeindrucken – wie man als Jugendlicher heutzutage so ist – lasse ich mir nichts anmerken und antworte möglichst lässig, möglichst routiniert. Etwa anderthalb Stunden dauert der Flug von Köln / Bonn nach Dublin – da lohnt es sich fast gar nicht erst ein Buch herauszuholen. Gespannt und voller Erwartungen hole ich nach der Landung meinen Koffer ab und gehe zum Ausgang. Dort erspähe ich eine jüngere Frau mit meinem Namensschild, - ein gutes Gefühl! Ich kann übrigens fast jedem Dublin-Fahrer empfehlen, den Abholservice der Sprachschule in Anspruch zu nehmen, der Flughafen liegt nämlich relativ weit außerhalb und ein Taxi ist (natürlich abhängig wo man wohnt) auch nicht viel günstiger. Obwohl ich mir kurz zuvor noch mal klar gemacht habe, dass in Irland links gefahren wird und das Lenkrad dementsprechend rechts ist, laufe ich – nachdem ich mein Gepäck im Kofferraum verstaut habe – zur rechten Wagenseite. Sogleich werde ich mit humorvoller, irischer Mentalität auf die andere Seite verwiesen: „No, I drive“. Kaum auf der Schnellstraße, stecken wir auch schon mitten im Stau, - ich hab’s nicht eilig, denke ich mir, und nutze die Möglichkeit mein Englisch im lockeren Gespräch „anzuwärmen“. Am Haus meiner Gastfamilie angekommen, werde ich sehr freundlich von Mary, meiner Gastmutter empfangen. Zu meiner Freude erfahre ich, dass im Haus noch zwei weitere Gaststudenten wohnen, - ein Italiener und ein Spanier. Der Italiener, Gabriele (27), ist einen Tag vor mir angekommen und geht - wie ich - zur CES – Sprachschule, - wir verstehen uns auf Anhieb. Nach dem vorzüglichen Abendessen (es gab Fisch) machen sich Gabriele und ich auf den Weg um noch ein bisschen das Stadtzentrum anzuschauen und die Schule zu finden. Natürlich kommen wir nicht dran vorbei in einem der zahlreichen Pups unseren Aufenthalt in Dublin mit einem ersten Guinness einzuleiten. Die Stadt gefällt mir auf den ersten Blick. Der bunte Mix aus alten und neuen Gebäuden, das recht kleine aber äußerst lebendige Zentrum und nicht zuletzt die schönen Grünflächen machen sie zu etwas Besonderem. Schon am ersten Abend werde ich dann leider auch mit der wohl größten Schwäche der Iren konfrontiert: Pünktlichkeit. Wer – wie die meisten Gaststudenten in Dublin – von den Bussen abhängig ist, sollte viel Zeit mitbringen. Es gibt zwar Fahrpläne, jedoch scheinen diese nur aus Dekorationsgründen an den Haltestellen zu hängen, der Bus kommt im Prinzip wann er will – mal zu früh, mal zu spät, und dann - zur Abwechslung - auch mal gar nicht… Am nächsten Morgen - es ist Montag - ist frühes Aufstehen angesagt, kurzes Frühstück, dann ab zur Busstation. Als Gabriele und ich an der Schule ankommen, tummeln sich schon ein paar Schülergrüppchen vor dem Hauptgebäude. Wie zu erwarten herrscht internationales Klima, viele freundliche, aufgeschlossene Leute. Unangenehmste Folge: Man bekommt Schwierigkeiten sich die Namen zu merken. Nach dem Einstufungstest und einigen warmen Empfangsworten der Direktorin werden wir in unsere Klassen geführt. Die Schule ist dezentral und entgegen meinen Erwartungen - riesig. Die einzelnen Gebäude sind in einem schönen Einkaufsviertel gelegen, und nicht weiter als wenige Minuten zu Fuß voneinander entfernt. Vormittags finden zwei Unterrichtseinheiten zu je zwei Stunden statt. In der ersten wird hauptsächlich Grammatik gemacht, die zweite ist mehr auf Konversation ausgelegt. Wer – wie ich – den Intensivkurs gebucht hat, besucht an drei Tagen in der Woche einen zusätzlichen Nachmittagskurs. Ich hatte insgesamt vier Lehrer und jeder war auf seine Art gut, alle waren hoch motiviert und sehr kreativ bei der Vermittlung der manchmal auch trockenen Inhalte. Als Schüler - in Deutschland täglich mit „verbeamteten“ Lehrern konfrontiert -, nimmt man die Qualitäten eines „privaten“ Lehrpersonals wahrscheinlich besonders stark war. Die Schule bietet ein interessantes Freizeitprogramm an, von einem Besuch der Guinness-Brauerei, über alle möglichen Sportarten, bis hin zu einem Karaoke-Abend ist wirklich für jeden etwas dabei. Schon am Morgen des ersten Tages in der Schule lerne ich einige nette Leute kennen, mit denen ich mich dann auch gleich zum Mittagessen verabrede. Wir verstehen uns ausgesprochen gut, die Kontakte festigen sich und gemeinsam verbringen wir einen großen Teil unserer freien Zeit in Dublin. An freien Nachmittagen ist meistens Kultur, oder auch mal ein Ausflug zu einem Küstenort angesagt. Abends geht’s dann hinein in Dublins teures aber temperamentvolles Nachtleben. Nachdem die erste Schulwoche wie im Fluge vorbeigegangen ist, unternehmen wir am Samstag einen Tagesausflug zu der schönen, im Süden gelegenen, Kleinstadt Kilkenny. Die Busfahrt von Dublin nach Kilkenny dauert etwa zwei Stunden und bietet einen guten Einblick in die irische Landschaft. Die Stadt ist nicht allzu groß und daher recht schnell zu erkunden. Empfehlenswert ist die Teilnahme an einer Führung durch das Schloss. Wenn ich abschließend sagen müsste, was ich Nachhaltiges von dieser Sprachreise mit nach Hause genommen habe, würde man vermutlich an erster Stelle erwarten, eine Antwort wie „ein verbessertes Englisch“ zu hören. Klar, ich habe – was die Sprache angeht – einiges dazugelernt, für mich persönlich war diese Reise aber mindestens genauso wichtig, um zu erkennen, was für eine spannende, ja prägende Erfahrung es ist, allein in die Welt hinauszuziehen, alles Bekannte hinter sich zu lassen und sich in eine völlig neue Umgebung zu stürzen.